„Flanieren zwischen analogem und digitalem Raum – Möglichkeiten künstlerischer Auseinandersetzungen“

Am 8. September 2021 lud die Fachgruppe „Künstlerische Prozessgestaltung“ Interessierte zum Fachtag „Flanieren zwischen analogem und digitalem Raum – Möglichkeiten künstlerischer Auseinandersetzungen“ ein.

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Wie es zum Fachtag kam
Bereits für den Mai 2020 hatten wir als Fachgruppe einen Fachtag in Hamburg geplant. Alles war soweit vorbereitet und organisiert. Wir konnten die Dipl.-Kunsttherapeutin und Meisterschülerin der Freien Künslerin Lena Burmann, Dr. Birgit Schreiber, als promovierte Biografieforscherin und Prof. Peter Sinapius, Professor für intermediale Kunsttherapie, als Referierende gewinnen. Leider kam uns die Coronapandemie dazwischen, sodass wir schweren Herzens den Fachtag absagen mussten.

Die Fachgruppe traf sich darauf nun über Zoom. Über die „Kacheln“ der Zoom-Plattform tauschten wir uns aus, besuchten uns digital in unseren Wohn- und Arbeitsräumen. Zoom und Co. ermöglichten uns ortunabhängige Zusammenkünfte, die sonst nicht zustande kämen und bei denen wir immerhin verbal und visuell in Kontakt treten konnten. Aber wir befanden uns eben physisch nicht im selben Raum: Wir sahen nur Ausschnitte des Gegenübers, Geruch und Taktiles fielen als Kommunikationsebene völlig weg. Die verschiedenen Orte mit ihren sinnlichen Eindrücken und spezifischen Atmosphären blieben getrennt und das gemeinsame Zeitkontinuum konnte durch Übertragungsstörungen verzerrt werden. (vgl. Flyer Fachtag 2021). Irgendwie erschien uns das nicht genug. Als Fachgruppe „Künstlerische Prozessgestaltung“ war dann schnell der Spieltrieb geweckt. Was lässt sich mit den „Kacheln“ machen, wie sieht es aus, wenn man in einer anderen Rolle durch die Kachel kommuniziert, sich verkleidet oder mit dem Laptop aus einem Karton mit den anderen in Kontakt geht. Wir hatten Spaß und Lust darauf die „Zweidimensionalität“ des digitalen Raumes herauszufordern. In mehreren Treffen entstand dann die Idee, einen Fachtag hierzu auf die Beide zu stellen.

Über weitere Treffen konnten wir Elisabeth Decker, freie Künstlerin und Kunstvermittlerin, Dr. med. Julia Marburg Vergara, systemisch orientierte Kunsttherapeutin, sowie Rouven Costanza, Dipl. Schauspieler, Regisseur und Systemischer Berater, für die Idee begeistern und als Referierende für einen Fachtag gewinnen.

Es entstand ein Konzept für den Fachtag per Zoom, der einen Experimentierraum bieten sollte, bei dem die Sinneslücken zwischen den erwähnten „Kacheln“ für Neues nutzbar gemacht werden können. Zudem sollte der Fachtag einen Proberaum bieten, indem Möglichkeiten erlebt werden können, unterschiedliche Erfahrung gemeinsam zu füllen, die „Kacheln“ auch als Fenster zwischen unterschiedlichen Welten zu denken und der Frage nachzugehen, was mit der Intimität in digitalen Zusammenkünften passiert. Der Fachtag sollte einen Raum bieten, bei dem gemeinsam erforscht werden kann, wie künstlerische Ausdrucksformen hilfreich sind, individuelle Erfahrungen vor Ort, im digitalen Raum füreinander erfahrbar zu machen (vgl. Flyer Fachtag 2021).

Der Fachtag: ein lebendiges, intermediales Kunstprojekt
Am Mittwoch, den 8. September 2021, war es dann soweit. Mit 22 Teilnehmenden startete der Fachtag und lud zu einem Wahrnehmungs- und Kreativprozess ein. Gemeinsam flanierten wir zwischen dem digitalen und dem analogen Raum. Ein spannender Experimentierraum entstand. Die Erkenntnis, dass Wahrnehmung keine passive Reizaufnahme ist, sondern ein aktives, verkörpertes und eingebettetes Handeln (vgl. Huber 2018) wurde spürbar. Es gelang, mit kreativen Übungen und über das Flanieren zwischen digitalem und analogem Raum alle aktiv in einen künstlerischen Prozess zu begleiten, sodass unsere Phantasie angeregt wurde und wir mit uns und unserer Lebenswelt in eine kreative Auseinandersetzung kamen. Es entstand ein lebendiges, intermediales Kunstprojet, eine Exkursion. Wir konnten neugierig beobachten, wahrnehmen, nachspüren und kamen dabei mit allen Sinnen auf Inneres und Äußeres in Kontakt. Bilder, Fotos, Videos, Klänge und Texte wurde erschaffen und begegneten sich. Etwas Neues, Sinnliches und Lebendiges zwischen uns konnte entstehen.

Für alle war dieser Fachtag eine Bereicherung. Die Eindrücke und Erlebnisse wirkten noch lange nach.

Aussichten
Die Fachgruppe „Künstlerische Prozessgestaltung“ trifft sich weiterhin regelmäßig, aktuell noch per Zoom, und in Zukunft ist auch wieder ein Treffen in einem Raum angedacht. Weiterhin planen wir jährlich einen Fachtag, der im folgenden Jahr in Präsenz stattfinden soll.

Bei Fragen oder Interesse an unseren Fachgruppentreffen schickt uns eine Mail an: fachgruppe-kunsttherapie|at|dgsf.org

Anna Maria Biedermann, Sebastian Clavée und Lena Lorenzen  

Literatur:
Huber, Hans Dieter (2018): Welterzeugung durch sensomotorisches Handeln. In: Intermedialität und Performativität in den künstlerischen Therapien. Wissenschaftliche Grundlagen der künstlerischen Therapien/ Band 7. Hg. von Peter Sinapius. Hamburg: HPB Verlag.